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Rede zum Zweckentfremdungsverbot

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Vor wenigen Tagen gab es in Freiburg einen Festakt anlässlich des 60 jährigen Bestehens des Walter-Eucken-Instituts, an dem unser Bundespräsident teilgenommen und eine bemerkenswerte Rede gehalten hat, in der er die ordoliberale Schule von Walter Eucken würdigte und gleichzeitig die Menschen dazu ermutigte, die soziale Marktwirtschaft als hohes Gut zu betrachten und grundlegende Freiheiten nicht ohne Not zu opfern.

Ein Blick auf die Vorlage zum Zweckenentfremdungsverbot zeigt, wie wichtig es ist, dass unser Staatsoberhaupt ein klares Bekenntnis zu den liberalen Wurzeln unserer Marktordnung gegeben hat, damit wir durch Zwangsmaßnahmen, wie wir sie heute hier leider diskutieren, nicht auf die schiefe Bahn geraten.

Ich bin sicher, dass sich ein Walter-Eucken, ein Wilhelm Röpke oder ein Ludwig Erhard im Grab rumdrehen würden, würden Sie die von der Verwaltung vorgelegte Satzung lesen müssen. Denn eines wollten die Väter unserer sozialen Marktwirtschaft sicher nicht: dass der Staat erst falsche Rahmenbedingungen setzt, um dann anschließend seine Bürgerinnen und Bürger für das eigene Fehlverhalten zu bestrafen.

Für manch einen mag das jetzt im ersten Moment übertrieben klingen, da die Zahl der Fälle, die im Rahmen dieses neuen Verbots verfolgt werden, eher gering ausfallen dürfte. Aber wir sind der Meinung, dass es hier nicht um die Quantität, sondern um die Qualität einer solchen Maßnahme geht.

Die Verwaltung hat nun über 10 Jahre lang den Wohnbau vernachlässigt und künstlich das Angebot an Wohnungen verknappt. Genau dieser falsche staatliche Markteingriff, der erst zu den steigenden Mieten und zu der Wohnraumverknappung geführt hat, soll nun ausgerechnet dadurch kompensiert werden, dass in die grundlegenden Eigentumsrechte der Menschen eingegriffen werden soll und diese mit staatlicher Repression rechnen müssen, wenn Sie mit ihrem erworbenen Eigentum nicht das machen, was der Staat von Ihnen verlangt.

Ich kann mir lebhaft vorstellen, was ein Walter Eucken sagen würde, wenn wir als staatliche Instanz erst den Wohnungsmarkt durch Angebotsverknappung beschneiden und anschließend auch noch in den Nachfrageprozess eingreifen. Wie kommen wir eigentlich dazu, in den Markt der offensichtlich nachgefragten Ferienwohnungen einzugreifen, in denen übrigens häufig auch Studenten, Handwerker und Künstler unterkommen. Wollen wir denen Steine in den Weg legen oder aus Freiburg vertreiben? Und wie kommen wir dazu, gewerbliche Betätigungen zu unterdrücken und zu definieren, an welcher Stelle sie gut sind und an welcher nicht?
Ich denke in dem Zusammenhang auch an eine Begebenheit mit einer inzwischen verstorbenen Nachbarin. Dieser gehörte ein Haus in der Erwinstraße, in dem sie als Witwe alleine wohnte und ihre beiden oberen Wohnungen bewusst leer stehen ließ. Als ich einmal von dieser Dame zum Kaffee eingeladen wurde, erklärte sie mir, dass sie seit dem Tod Ihres Mannes Angst davor hätte, Mieter in ihr Haus zu nehmen und sie sich so wohler fühle, wenn sie in dem Haus alleine sei.

Ich stelle mir einmal vor, wie es gewesen wäre, wenn der Oberbürgermeister diese damals 87 jährige Frau besucht hätte, um ihr zu sagen, dass sie 50 000 € Strafe zu zahlen hat, wenn sie nicht umgehend auf das Recht an ihrem Eigentum verzichtet und gefälligst Mieter aufnimmt. Wollen wir so mit Menschen umspringen, die ihr Leben lang fleißig und hart gearbeitet haben und sich regelrecht den Buckel krumm geschafft haben.

Es ist in meinen Augen eine Frage des Respekts gegenüber den Menschen, deren Eigentum und deren Freiheit, dass der Staat sich mit solchen Zwangsmaßnahmen zurückhält, weshalb wir als FDP das Zweckentfremdungsverbot ablehnen.

Dieses Verbot mag zwar nicht im juristischen Sinne eine Enteignung sein, aber dafür ist es eine solche allemal im moralischen Sinne. Dass Grüne und Linke, die es nicht so mit der Freiheit des Menschen haben, dies begrüßen, verstehe ich wohl, aber gerade in Richtung der CDU und der SPD sei gesagt, dass ich mich doch sehr wundere, wenn sie dieser Sache so positiv gegenüber stehen, obwohl sie sich sonst pro sozialer Marktwirtschaft positionieren.

Lassen Sie uns daher in Freiburg Walter Eucken nicht nur feiern, sondern auch das politisch leben, was er uns mit auf den Weg gegeben hat und somit diese Vorlage ablehnen.

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