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Der Leitbildprozess der FDP

Leitbildentwurf

Quelle: FDP

 

Der von Christian Lindner angestoßene Leitbildprozess bietet zunächst einmal den großen Vorteil, dass sich die FDP endlich wieder ihrer Zukunft zuwendet und nicht mehr nur auf die Vergangenheit schielt.  Ein Jahr lang wurde nun ausreichend analysiert und diskutiert, was während der Regierungszeit schief gelaufen ist und warum die Liberalen einen Neustart brauchen. Ein wesentlicher Aspekt dabei war und ist, dass die Bevölkerung keine rechte Idee mehr davon hat, für was der politische Liberalismus derzeit überhaupt steht. Basierend auf dieser Ausgangslage ist die Entwicklung eines Leitbilds durchaus zu begrüßen, bietet es doch die Chance, ein klares und verständliches Fundament zu schaffen, auf dem dann eine neue FDP Politik aufbauen kann.

Erfreulich ist, dass die Entstehung des Leitbilds mit einem Maximum an Mitgliederbeteiligung verbunden ist. Jenseits von Delegiertenmandaten und Parteiämtern sollen alle diesen Leitbildprozess begleiten und sich aktiv einbringen können. Unter www.meine-freiheit.de gibt es bereits eine breit gefächerte und teilweise durchaus fruchtbare Diskussion, in die sich auch immer wieder der rührige Bundesgeschäftsführer Marco Buschmann einbringt, der durch seine Beiträge deutlich macht, dass die dort diskutierten Vorschläge ernst genommen werden und das Leitbild beeinflussen können. Auch auf einer Vielzahl an Veranstaltungen vor Ort können Mitglieder und Interessierte das Leitbild miteinander diskutieren.

Wie für Liberale üblich, wird derzeit jedes Wort, jede Ebene und jeder Gedanke des Leitbildentwurfs analysiert, kritisiert und diskutiert. Dabei zeigt sich einmal mehr, dass die freiheitliche Truppe voller Leidenschaft und mit einem gehörigen Maß an Akribie um den besten Weg ringt. Das ist zwar manchmal ausgesprochen anstrengend, aber ist dennoch auch ein Vorzug gegenüber anderen Parteien. Denn bei der CDU zum Beispiel käme vermutlich niemand auf die Idee, über ein solches Konzept überhaupt zu diskutieren. Schließlich hat man ja eine Autorität wie Frau Merkel, die diktiert, was in der Partei zu denken und zu tun ist. Die Individualisten in der FDP haben es da schon  schwerer. Sie müssen alles eigenständig bewerten, ausdiskutieren und beschließen.

Auch hier soll der nun ein Anlauf gemacht werden, einige wenige Aspekte des Leitbilds noch zu verbessern bzw. eine Diskussion anzuregen:

1. Der FDP-Auftritt

Hier sei für den bereits gelungenen Vorschlag folgende Ersetzung zur Präzisierung bzw. als Feinschliff genannt:

Optimistisch – humanistisch – progressiv

Diese drei Begriffe stehen sinnbildlich für das Weltbild eines liberalen Geists, grenzen die FDP positiv von anderen ab und sollten dementsprechend die Basis für den Auftritt bilden.

optimistisch: Liberale spielen nicht auf der Klaviatur der Angst oder Angstmacherei wie das zum Beispiel im pessimistisch geprägten Weltbild der Grünen der Fall ist. Sie haben vielmehr eine optimistische Grundhaltung und reden nicht apokalyptischen Szenarien das Wort. Technischer, naturwissenschaftlicher, wirtschaftlicher und medizinischer Fortschritt sind dabei aus liberaler Sicht Triebfedern, die die Lebensqualität kontinuierlich steigern und eben nicht verringern. Liberale bejahen die Zukunft und freuen sich auf sie, weil sie auf die Chancen blicken und sich nicht nur vor Risiken fürchten.

humanistisch: Liberale denken konsequent vom Menschen aus. Sie benötigen keinen übermächtigen Staat, keine übergeordneten Instanzen oder Autoritäten, denen sich der Mensch zu unterwerfen hat. Liberalen ist das Menschsein genug und sie akzeptieren den Menschen, wie er ist mit all seinen Schwächen und Stärken, ohne ihn zähmen, verbessern oder bevormunden zu wollen. Ideologien gleich welcher Art, ob politisch, wirtschaftlich oder religiös motiviert, sind ihnen fremd. Im Zentrum stehen stattdessen die grundlegenden Menschen- und Freiheitsrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

progressiv: Im Gegensatz zu den konservativen Kräften verlangen Liberale förmlich nach Veränderung. Sie wollen nicht nur zurückblicken, in der Vergangenheit schwelgen und ehemalige Errungenschaften bewahren, sondern sich auf zu neuen Ufern machen. Aktuellen Herausforderungen und Problemen begegnen Liberale mit aus ihrer Sicht zukunftsweisenden Methoden und Antworten, um Lösungen zu finden und zu erarbeiten.

Die bisherigen Begriffe des Entwurfs lösungsorientiert, mutig und emphatisch sind in den hier eingebrachten Adjektiven subsumiert und können daher entfallen.

2. Die Vision

In den bisherigen Diskussionen hat sich gezeigt, dass oft das Verb in Chancen ermöglichen für manche eine Hürde ist, setzt es doch in gewisser Weise eine regelnde Instanz voraus, die dem Menschen Chancen vorgibt. Ähnlich schwierig wird es mit Chancen schaffen, Chancen nutzen, Chancen eröffnen. Daher könnte eine Alternative ohne Verb lauten: Land der Chancen . Genau das wäre eine politische Vision, nämlich in einem Land zu leben, in dem die Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht, sozialer oder ethnischer Herkunft, sexueller Orientierung etc. Chancen vorfinden.  Chancen auf Bildung, auf Arbeit, auf kulturelle Entfaltung, auf wirtschaftlichen Aufstieg usw. und zwar solche Chancen, die sie von sich aus wahrnehmen können und die nicht durch staatliche Instanzen vorgefertigt sind, ganz im Sinne der von Dahrendorf geprägten Lebenschancen. Eine liberal ausgerichtete Politik wäre dann in erster Linie gefordert, einen Rahmen zu setzen, in dem möglichst viele Chancen für möglichst viele Bedürfnisse nebeneinander existieren können, was gleichzeitig ein Maximum an Freiheit bietet. Denn Menschen, die in einer Gesellschaft Chancen vorfinden und sie eigenständig annehmen, nutzen oder ablehnen können, sind zugleich auch frei, denn Chancen und Freiheit bedingen einander, sofern man Chancen unter dem Blickwinkel der Handlungsoptionen und der Handlungsfreiheit betrachtet.

3. FDP Attribute

Bei den Attributen ist es vor allem das „Zukunft sichernd“ , was semantisch betrachtet direkt ins Auge springt. Denn Zukunft kann man nicht sichern. Zukunft geschieht, sie kommt unweigerlich und das, was sie mit sich bringt, ist nicht vorhersehbar. Man kann daher auch nicht bereits erreichtes so ohne weiteres konservieren oder in die Zukunft mitnehmen. Vielmehr gilt es, sich in jedem Moment neu an die Zukunft anzupassen und dafür gewappnet zu sein.

Als Ersatz mit ähnlicher Intention wäre zum Beispiel „Fairness wahrend“ möglich. Denn wenn es in einer Gesellschaft fair zugeht, bzw. die Menschen den Umgang untereinander und zwischen Staat und Bürgern als im Grunde fair bewerten, dann wäre das erreicht, was Zukunft sichernd ursprünglich wohl meinen sollte. Denn eine faire Gesellschaft kann auch unter widrigen Bedingungen ihre ökonomische, ökologische und soziale Balance behalten. Fairness hat darüber hinaus nicht nur einen zwischenmenschlichen sondern auch einen ordnungspolitischen Charakter. Denn eine faire Politik hält sich nicht nur an klare Spielregeln, sondern verfolgt einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz, der nicht auf Partikularinteressen ausgerichtet ist, sondern das Wohlergehen aller im Blick behält.

Es würde hier zu weit führen, alle einzelnen Themen weiter untersuchen und ergänzen zu wollen. Daher wurden bewusst nur einige wenige Punkte ausgewählt. Wenn die FDP diesen Prozess nun konsequent basisdemokratisch zu Ende führt, guten Ideen eine Chance gibt und am Schluss die Mitglieder das Leitbild akzeptieren, dann ist das ein weiterer Baustein für den Neuanfang der FDP. Nach der Wahl des neuen Personals und der Justierung des liberalen Fundaments müssen dann in einem letzten Schritt liberale, pragmatische und ganz konkrete Lösungen für die Probleme der Gegenwart nicht nur gefunden, sondern auch authentisch und glaubwürdig vertreten werden. Dann gibt es für die Liberalen auch wieder Chancen, die sie ja in ihrem Leitbild für alle einfordert.

 

 

2 Responses
  • Markus Lochmann
    10. Oktober, 2014

    Die Chinesen planen eine Verhundertfachung ihrer Atomkraft bis 2050. http://thediplomat.com/2014/10/why-china-will-go-all-in-on-nuclear-power/ Das nenne ich mutig, optimistisch und lösungsorientiert. Dagegen mutet unsere Diskussion an wie ein Dorfstammtisch der Ewiggestrigen. Das Karo wird so klein, dass man darauf kaum Schach spielen kann. Geschweige denn Bundes- oder Weltpolitik.

  • Hubert Bernauer
    11. Oktober, 2014

    Die Russen planen schwimmende Atomkraftwerke, um ihre teilweise illegitimen Ansprüche auf das Arktisschelf, das durch die Klimaerwärmung frei wird, zu nutzen, um dort Öl und Gas zu fördern und Ihre Ansprüche zu manifestieren. Wenn Herr Lochmann glaubt durch die Anwendung von Atomenergie progressiv zu sein, dann kann ich diese Haltung nicht als eine solche sehen die den Menschen Chancen schafft, sondern nur mehr Probleme. Man kann Menschen nur Chancen verschaffen auf der Basis von Greentech, die das Klima stabilisiert. Wenn nun die FDP die Nutzung von Atomkraft unterstützt, nur weil die Chinesen alle Fehler die wir machten nachahmen, wie sie uns eh alles klauen was nicht Niet und Nagelfest ist, dann wird sie nach den näcshten Reaktorunfall wieder loosen.

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