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Die perfide Kriegsstrategie des Donald Trump

Als Donald Trump im Mai 2018 völlig überraschend das Atomabkommen mit dem Iran aufkündigte und das Land mit neuen Wirtschaftssanktionen überzog, ahnten viele bereits, was der Mann im Weißen Haus im Schilde führte. Denn ganz offensichtlich gab es keinen rationalen Grund für ein solches Verhalten, wofür auch die mit Polemik gespickte aber argumentationsarme Rede von Trump eindrücklicher Beleg ist . Der anerkannte britische Topdiplomat in Washington, Sir Kim Darroch, fand deutliche Worte und beschuldigte in geleakten Depechen den aus seiner Erfahrung unfähigen und inkompetenten amerikanischen Präsidenten, aus rein persönlichen Motiven gehandelt zu haben, um vor allem seinem Vorgänger eins auszuwischen. Auch die EU sah einen nicht zu rechtfertigenden Vertragsbruch der USA und bemühte sich zumindest, den Deal aufrecht zu erhalten und sich gegen die Sanktionen zu stemmen, was angesichts der europäischen Schwäche auf der politischen Weltbühne leider zum Scheitern verurteilt war. So mussten die Europäer wieder einmal tatenlos mit ansehen, wie ein Präsident aus niederen Beweggründen ein ganzes Land demütigte.

Fast zwei Jahre später rückt jedoch ein anderes Motiv in den Vordergrund. Vielleicht ging es weniger darum, Barack Obama zu trotzen, sondern vielmehr könnte es der Start einer längerfristig angelegten Strategie gewesen sein. Auch Trump wußte bereits 2018, dass seine Wiederwahl leichter zu bewerkstelligen sein würde, wenn er sein Land in einen Krieg führt oder zumindest einen zu bekämpfenden Feind kreiert, dem man sich als Land geschlossen gegenüber stellen muss. Der Iran war an der Stelle eine ideale Zielscheibe. Und die Wirtschaftssanktionen erfüllten ihren Zweck voll und ganz, durch die vor allem die Bevölkerung getroffen wurde und Stück für Stück in Leid und Elend gestürzt wird, was wiederum die dortigen Machthaber zu Gegenreaktionen und Provokationen veranlasste, die ihrerseits auch nicht zu rechtfertigen sind.

Die nächste Stufe wurde jetzt mit der gezielten Ermordung von General Soleimani eingeleitet, die ihrerseits bereits 2019 vorbereitet wurde, als die USA die Revolutionsgarden als Terrororganisation eingestuft hatten, um auf diese Weise eine Art rechtliche Legitimation für ihr künftiges Handeln anzustreben. Ohne Zweifel hat dieser hochrangige Militär schwere Schuld auf sich geladen (s. z.B. SZ vom 4.1.2020) und hätte hinter Gittern gehört. Aber eine augenscheinlich völkerrechtswidrige Tötung, die zudem nur mit der unbelegten und vagen Notwendigkeit eines Präventivschlags begründet wurde, ist ein auf diese Weise nicht hinnehmbarer Akt, der jeglichem gesunden Rechts- und Moralverständnis widerspricht.

Tragisch daran ist vor allem auch, dass diese Tat schnell vergessen sein wird, wenn Iran nun wie erwartet kontert und beispielsweise die Urananreicherung durch den Einsatz neuer Zentrifugen weiter beschleunigt. Dadurch liefert Trump Iran endgültig ans Messer. Denn dann kann er vermutlich nahezu ohne Gegenwehr argumentieren, dass das Land nach Atomwaffen strebt, wodurch militärische Attacken gerechtfertigt werden. In einer fatalen Umkehr aus Ursache und Wirkung gelingt Trump und seinen Strategen im Weißen Haus so der Kniff, den Iran in einen mehr oder weniger heftigen militärischen Konflikt zu zwingen und sei es nur als Stellvertreterkrieg in den Nachbarstaaten. Im Zweifel wird sich die westliche Welt wieder darauf verständigen, dass der Iran ja schließlich ein Schurkenstaat sei, von und in dem grausame Verbrechen begangen werden, was hier überhaupt nicht geleugnet oder kleingeredet werden soll. Das aber eröffnet Trump die ersehnte Möglichkeit, als Feldherr in seine Wiederwahl zu ziehen.

Damit droht nach dem völkerrechtswidrigen und mit falschen Beweisen angezettelten Krieg gegen den Irak von George W. Bush die nächste Schlacht auf dem Rücken der Menschenrechte, nur diesmal aus den niederen Beweggründen eines Donald Trump. Da hilft es nichts, dass die Herrscher und das Regime im Iran aus unserer Perspektive inakzeptabel sind. Wenn Barbarei mit Barbarei vergolten wird, kommen wir keinen Schritt weiter auf dieser Welt. Und wenn schon die westliche Welt nicht in der Lage ist, auf den allgemeinen Menschenrechten fußende ethische Standards einzuhalten oder aus redlichen Motiven zu handeln, dann wird auch der Ruf, sie andernorts einzuhalten, ungehört verhallen.

Beitragsbild: shutterstock.com/fishman64

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