Einen Ausflug mit der Familie machen, einem Hobby nachgehen oder einfach nur die Seele baumeln lassen, es gibt viele Möglichkeiten, einen Feiertag sinnvoll für sich zu nutzen. Die meisten Menschen dürften solche Tage dabei genießen, ohne sich näher mit dem Hintergrund zu beschäftigen, ganz nach dem Motto ‚Hauptsache frei‘. Doch das heutige Feiertagswesen scheint bei näherer Betrachtung aus der Zeit gefallen zu sein und könnte eine Reform vertragen, die es an die geänderten Rahmenbedingungen einer modernen und pluralistischen Gesellschaft anpasst.
Denn bislang fehlt eine individuelle Komponente, die dem Menschen die Freiheit gibt, einen Feiertag zu begehen, der sich aus seiner persönlichen Situation ergibt. Heutzutage sind Feiertage stets noch ein staatlich verordnetes Gut, das auf die Gesellschaft als Kollektiv abzielt. Es wird dem Menschen vorgegeben, wann er zu welchem Anlass zu feiern oder zu trauern hat, ohne dass er selbst darauf Einfluss nehmen könnte. Das mag man bei einem Nationalfeiertag wie dem Tag der Deutschen Einheit noch nachvollziehen können, da es sich hierbei um ein Ereignis der jüngeren Geschichte handelt, das enorme Auswirkungen auf die Entwicklung der ganzen Nation hatte und zwar unabhängig davon, wie der Einzelne sich selbst zu diesem Ereignis positioniert hatte.
Bei den in der deutlichen Mehrzahl religiösen Feiertagen in Deutschland sieht das aber schon ganz anders aus. Während man Weihnachten und Ostern vermutlich noch als allgemeines Kulturgut ansehen würde, wird es bei Christi Himmelfahrt, Fronleichnam oder einem Pfingstmontag schwer, einen hinreichend bedeutenden gesellschaftlichen Bezug herzustellen, der die Aufrechterhaltung eines Feiertags rechtfertigt. Denn diese sind nur für eine stetig schrumpfende Minderheit praktizierender Christen von Interesse. Konfessionslose Menschen, die inzwischen immerhin die größte weltanschauliche Einzelgruppe darstellen, oder solche mit einer anderen Religionszugehörigkeit werden sich wohl kaum mit dem Hintergrund dieser Feiertage identifizieren können, sondern sich allenfalls über diesen freien Tag freuen. Erschwerend kommt hinzu, dass gerade die Mitglieder anderer Religionsgemeinschaften dazu gezwungen sind, eine Auszeit an christlichen Feiertagen zu nehmen, ohne gleichzeitig einen Anspruch darauf zu haben, die für ihre eigene Gruppe wichtigen Feiertage begehen zu können.
Unsere Gesellschaft ist in den letzten 100 Jahren vielfältiger und individueller geworden, mit einer weit größeren Bandbreite an Weltanschauungen, Lebensentwürfen und einer nicht zuletzt durch die Globalisierung bedingten Durchmischung der Völker und Kulturen. Dieser Änderung könnte man im Feiertagswesen dadurch Rechnung tragen, dass jeder einzelne Mensch für sich ganz persönlich zum Beispiel drei Feiertage definieren darf, die ihm fix zustehen. Diese dürften nicht mit Urlaubstagen gleichzusetzen sein, sondern müssten einen Schutzstatus analog zu den gesetzlich definierten Feiertagen genießen. Im Gegenzug würden dann drei der bisherigen Feiertage entfallen, um in Sunme die gleiche Anzahl an Feiertagen beizubehalten.
Eine solche flexible Feiertagsregelung würde den individuellen Bedürfnissen des Menschen weit mehr entgegen kommen und es diesen ermöglichen, sich selbst und ihre Geschichte in eigenen Feiertagen wiederzufinden. Die einen mögen dann einen Hochzeitstag wählen, die anderen einen Geburts- oder Todestag eines geliebten Menschen oder vielleicht ein für sie wichtiges religiöses Fest oder politisches Ereignis. Unberührt bleibt auch die Möglichkeit, die ursprünglichen Tage zu wählen. Egal, wofür sie sich entscheiden, sie werden dann einen persönlichen Bezug haben und an diesem Tag auf ihre eigene Weise dem Ereignis gedenken können, ob in Freude oder Trauer. Der Staat würde damit die Freiheit schaffen, dass der Mensch einen Feiertag feiern kann und ihn nicht feiern muss.
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