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Fairplay bei Grundstücksverkäufen

Redebeitrag zu TOP 6.1 ; G-18/232.1, am 23.10.2018 ; zum Hintergrund siehe auch diesen Artikel zu Grundstücksverkäufen. (und wie üblich gilt das gesprochene Wort)

 

Verehrter Oberbürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen

es ist noch nicht einmal ein Jahr her, dass der Gemeinderat sich fast einmütig auf ergänzende und klar definierte Spielregeln verständigt hat, wie beim Verkauf von Erbbaugrundstücken zu verfahren ist. Schon damals wurden sehr restriktive Bedingungen definiert, indem man die Grundstückerwerber auf 20 Jahre verpflichtet hat, die Grundstücke selbst zu nutzen. Schon das ist aus dem Alltagsleben betrachtet sehr ungewöhnlich. Wenn ein Mensch normalerweise eine Sache erwirbt, geht er davon aus, dass diese in seinen Besitz übergeht und er auch darüber frei verfügen kann. Aus Angst, dass Familien womöglich eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen könnten, hat der Gemeinderat aber im Falle des Grundstücksverkaufs an der Stelle einen Riegel vorgeschoben, der an sich schon an die Grenzen des Erträglichen geht, denn ein Verkauf muss zumindest in einigermaßen überschaubaren Zeit auch ein echter Verkauf sein und darf nicht unter dauerhaftem Vorbehalt stehen.

Umso überraschender ist es, dass ausgerechnet von der CDU, bei der man ja normalerweise von einer Wertschätzung des Themas Eigentum ausgeht,  nun eine extreme Verschärfung der Bedingungen eingebracht und diese von der Verwaltung übernommen wurde, was in zweierlei Hinsicht problematisch ist. Zum einen ist es für Kaufwillige, die ihre Kaufüberlegungen anhand geltender Beschlüsse ausrichten, kaum nachvollziehbar, dass diese schon nach kürzester Zeit wieder umgeworfen werden nach dem Motto „Heute so und morgen so“. Gerade bei solch weitreichenden Entscheidungen, die für Familien jahrzehntelange finanzielle Verpflichtungen bedeuten, sollte die Stadt etwas mehr Beständigkeit und Stringenz an den Tag legen. Zum anderen ist eine Erhöhung auf eine 30 Jahre geltende Spekulationsklausel und eine 30 jährige Eigennutzungsverpflichtung ein völlig übertriebener, geradezu unanständiger Eingriff in das Eigentums- und Verfügungsrecht. Wer beispielsweise als Mittvierziger ein solches Grundstück erwirbt, kann oftmals noch nicht absehen, wie sich die Bedürfnisse und Ansprüche im Rentenalter entwickeln, wenn die Kinder vielleicht über die ganze Welt verstreut sind und man selbst woanders leben will oder muss und womöglich auf die Erlöse aus einem Wiederverkauf angewiesen ist. In solchen Fällen kann eine solche extrem langfristige Bindung den heutigen Familien zum Schaden gereichen und das kann nicht Sinn und Zweck unser Arbeit hier sein.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Erhöhung auf 30 Jahre zu einem Eigentor für die Stadt wird, wenn man bedenkt, dass ein Auslöser für die heutige Diskussion war, die Stadt könne womöglich durch den Verkauf der Grundstücke zum Bodenrichtwert ein schlechtes Geschäft machen. Stattdessen war gefordert worden, und dies aus durchaus nachvollziehbaren Gründen, lieber den jeweiligen Verkehrswert per Gutachten zu ermitteln, um den tatsächlich erzielbaren Marktpreis für  ein Kaufangebot zugrunde zu legen. Jetzt kann es aber passieren, dass der Verkehrswert durch die 30 jährige Bindung plötzlich unter den Bodenrichtwert fällt, das einzelne Grundstück durch die Beschlüsse des Gemeinderats also erheblich an Wert verliert. Wenn dieser Fall eintritt, muss die Stadt sogar Verluste beim Verkauf hinnehmen. Denn es wäre natürlich außerordentlich dreist, das Grundstück dann noch zum teureren Bodenrichtwert zu verkaufen, nachdem man selbst den Wert des Grundstücks geschmälert hat. 

Wie aber geht man überhaupt mit den Familien um, denen man bereits ein Kaufangebot zu den bis heute gültigen Bedingungen unterbreitet hat? Wollen wir hier heute ernsthaft die Bedingungen im letzten Moment verschlechtern und das bereits schriftlich abgegebene Angebot zurückziehen? Liebe Kolleginnen und Kollegen: Die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt müssen sich darauf verlassen können, was wir ihnen zusagen. Gerade in politisch turbulenten Zeiten sollten wir Vertrauen in die Politik schaffen und es nicht leichtfertig verspielen. Es ist eine Frage des Vertrauensschutzes und ein Gebot der Ordnungspolitik, dass geltende Spielregeln auch eingehalten werden und man sich nicht auf formaljuristische Kniffe zurückzieht. Es ist auch kein feiner Zug, wenn man versucht, als Stadt sich die Chancen und den maximalen Nutzen zu sichern und gleichzeitig alle Risiken auf die Käufer abwälzt. Insofern haben diejenigen Menschen, denen wir bereits ein Angebot unterbreitet haben, auch einen Anspruch, dass wir zu den Angeboten stehen, die wir aufgrund von uns hier gefasster Beschlüsse erstellt haben. Und auch hier gilt, dass alle Menschen gleich sind. Es kann nicht sein, dass wir die Einhaltung unserer Angebote abhängig machen vom Ort des Grundstücks oder vom Zeitpunkt der Annahme, solange dieser im Rahmen der vereinbarten Frist liegt. Denn die Regeln gelten für alle gleichermaßen.

Werfen wir abschließend noch einen Blick auf eine weitere Intention der heutigen Diskussion. Ziel ist es ja, Tafelsilber möglichst zu behalten, anstatt es zu verscherbeln und künftig möglichst viel Vergabe städtischer Grundstücke im Erbbaurecht anzustreben und zwar ohne Verkaufsoption. Dieses Bestreben können wir ohne weiteres im Sinne einer nachhaltigen Haushaltspolitik nachvollziehen. Aber es gehört dann auch zur Ehrlichkeit dazu, zu sagen, was uns das kosten wird. Herr Breiter kann uns ja einmal ausrechnen, was es für die Stadt finanziell bedeuten würde, 51% der Flächen in Dietenbach aufzukaufen und im Erbbaurecht zu vergeben. Der Wunsch, keinerlei Grundstücke mehr zu verkaufen und alle neuen vorrangig im Erbbaurecht zu vergeben, klingt im ersten Moment gut, aber im zweiten Schritt muss man dann auch Farbe bekennen und sagen, wie man das finanziert. Ich bin daher gespannt, auf welche Investitionen, auf welche Zuschüsse, auf welches Personal und auf welche Projekte verzichtet werden soll, um die Wünsche bei den Grundstücken zu bezahlen.

Als FDP sind wir bereit, darüber zu reden, was an dieser Stelle tatsächlich realisierbar ist. Wir sind auch bereit, Werte möglichst zu  erhalten, was in unserem Antrag mit den Freien Wählern zum Ausdruck kommt. Wir sind aber nicht bereit, die Familien, bei denen Stadt und Gemeinderat im Wort stehen, vor den Kopf zu stoßen, sie über Gebühr zu binden und deren Vertrauen in die Politik zu zerstören. Insofern stehen wir zu den bisher gefassten Beschlüssen, stehen wir zum Werterhalt, lehnen aber im übrigen die heutige Drucksache ab.

Beitragsbild: de:User:Andreas Koll, Prefabricated house, CC BY-SA 3.0

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