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Wann kommt eigentlich die Trennung von Kirche und Staat?

Die Frage nach dem Verhältnis zwischen Staat und Kirche ist in der Vergangenheit von der Politik viel zu sehr vernachlässigt worden. Es wäre an der Zeit, dass sich eine liberale Kraft wie die FDP diesem Thema wieder zuwendet, um die ungelösten Fragen endlich auf die politische Bühne zu bringen.
Leider sind es oft nur die boulevardtauglichen Skandale wie um Tebartz van Elst und dessen Verschwendungssucht, die für einen kurzen Augenblick das Interesse der Menschen wecken. Doch nach dem Abklingen der Aufregung verschwindet auch die damit verbundene Thematik schnell aus dem Scheinwerferlicht. Dies mag unter anderem daran liegen, dass gerade wegen der engen und tiefgehenden Verflechtung aus Kirche und Staat vielen daran gelegen ist, dass das Thema schnell wieder ins Abseits gerät. Denn es gibt viele unangenehme Fragen, die zu stellen sind und denen die Politik bislang auf dem Weg geht. So muss man diskutieren, wie lange es auch angesichts des Wandels in der Gesellschaft noch sein kann und darf, dass der Staat für die Kirchen deren Mitgliedsbeiträge in Form von Kirchensteuer einzieht. Unverständlich ist auch, dass die Politik nach wie vor still hält, wenn es um die zusätzlichen Staatsleistungen an die Kirchen aus alten Rechtstiteln und Verträgen geht, die den Steuerzahler Jahr für Jahr fast eine halbe Milliarde Euro kosten, ohne dass ein Ende absehbar wäre.

Dabei sind es aber nicht nur Finanzierungsfragen, die ein ungutes Gefühl erzeugen. Denn nach wie vor sind die Kirchen quasi omnipräsent in unserer Gesellschaft. Sei es bei eigenen Sendungen in öffentlich-rechtlichen Medien, im Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, bei Diskussionen um verkaufsoffene Sonntage, bei religiösen Symbolen im öffentlichen Raum, bei Genehmigungen von Festen und Märkten oder schlicht durch das Kirchenglockengeläut, überall stößt man auf die engmaschigen Verbindungen zwischen Kirche und Staat. Auch wichtige Grundsatzentscheidungen wie im Bereich der Reproduktionsmedizin sind deutlich von den Kirchen beeinflusst. Und selbst vermeintliche Randthemen wie das Tanzverbot an manchen Feiertagen zeugen von dem Einfluss der Kirche auf den Staat. Dabei sind die hier genannten Themen nur die sichtbare Spitze eines Eisbergs aus dem Geflecht von Kirche und Staat.
Die Politik sollte daher endlich dafür Sorge tragen, dass der Staat weltanschaulich neutral auftritt. Denn die Zahl konfessionsloser Menschen und solchen anderer Konfessionen wächst stetig. Schon in wenigen Jahren wird vermutlich nicht einmal mehr die Hälfte der Deutschen der katholischen oder evangelischen Kirche angehören. All diese Menschen, aber auch vielen Kirchenmitgliedern, ist eine zu enge Verbindung zwischen Kirche und Staat nicht länger zu vermitteln. Denn Religion ist und bleibt Privatsache, aus der sich der Staat so gut er kann herauszuhalten hat. Tut er es nicht, läuft er Gefahr, Konflikte heraufzubeschwören. Denn Menschen anderer Glaubensrichtungen erleiden in unserer Gesellschaft immer wieder ein Gefühl der Diskriminierung und Atheisten und Agnostiker sehen sich überall mit Glaubenssätzen konfrontiert, die Ihnen völlig fremd sind.
In diesen Fragen wäre liberale Politik, die auf den Grundsätzen der Aufklärung beruht, gefordert und es wäre zu wünschen, dass die FDP zu einem Anwalt der Trennung von Kirche und Staat wird.

1 Response
  • Martin Leins
    13. August, 2014

    Lieber Herr Fiek,
    Vielen Dank für dieses Thema.
    Was man trennen möchte, sollte man zuerst einmal auch richtig kennen. Und ich bin trotz allem noch weit davon entfernt.
    Zunächst einmal muss die Betrachtung ausschließlich auf die Organisation „Kirche“ gelenkt werden, denn „Glaube“ ist von keiner Organisation abhängig. Dieses ist ein Kernstück des liberalen Gedankengutes. Und, um es neutral auszudrücken, das große oftmals ehrenamtliche Engagement der vielen Gläubigen wird dabei nicht ignoriert, sondern achtungsvoll anerkannt.
    Die feste Verankerung der katholischen Kirche in unserem Staat beruht auf dem Reichskonkordat von 1933, abgeschlossen zwischen Nazi-Deutschland und dem Vatikan, vermittelt durch den damaligen Nuntius Pacelli, späterer Papst Pius XII. und Namensgeber der „Rattenlinie“ zur „Rettung“ von Nazi-Verbrechern.
    In der damaligen Zeit wurden vom Vatikan insgesamt drei große Konkordate ausgehandelt, allesamt mit faschistischen Systemen, Italien-Mussolini, Spanien-Franco und Deutschland-Hitler. Mit dem Wechsel zur Demokratie war es für Italien und Spanien keine Frage, diese Konkordate aufzukündigen.
    Nur in Deutschland wird dieses „Nazi-Konkordat“ weitergelebt und das schändliche daran ist, dass wichtige Teile des Inhalts höchster Geheimhaltung unterliegen.
    Nebenbei mag man auch in Frage stellen, ob diese sogenannte Enteignung, also Verstaatlichung von Kirchengütern um 1800 heute noch als Begründung herhalten kann. Heute weiß man, dass bereits damals Besitzurkunden erfolgreich gefälscht wurden.
    Und ich habe bis heute noch nirgends einen Hinweis darauf gefunden, ob und wie das Konkordat mit der katholischen Kirche zugunsten der evangelischen Kirche ausgelegt wird.
    Der Umgang mit dem Glauben und den verschiedenen Glaubensrichtungen ist schwierig und gerade in der aktuellen Situation, da die ganze Welt einem mörderischen Treiben von Besessenen fast friedlich zuschaut – Ähnlichkeiten mit der Inquisition ab 1492 in Spanien können einem nicht entgehen (Tod oder Glaube!). Extremisten, egal in welchem Bereich, sind immer gefährlich und ein Problem für Staat und Gesellschaft.
    Die Glaubensvielfalt muss in unserer Gesellschaft integriert werden und möglich sein und dabei sind trotz allem die Grenzen des allgemeinen gesellschaftlichen Interesses zu berücksichtigen.
    Am Samstagabend sah ich bei einem Baumarkt ein junges Paar ein Herren-Fahrrad betrachtend: Er offensichtlich Muslim, Sie mit Ganzkörperschleier, also nur Sehschlitz. Welche Gedanken mögen Sie mir jetzt unterstellen? Dachte ich an die IS-Gruppe oder das Burka-Verbot in Frankreich?
    Oder, inwieweit verkommt Glaube zum Aberglaube, wenn man Windräder, Feuerwehrautos, Schiffe oder Tunnelbaustellen segnet? Dient es dazu, den Menschen eine Sinnhaftigkeit vorzugaukeln für den Fall, dass durch diese Unternehmung wieder einmal unschuldige Menschen sterben müssen?
    Jeder Mensch weiß, dass bei den Monumentalbauten wie Dome und Kathedralen, Brücken und Tunnel, Großschiffe und Flugzeuge, Autos und Eisenbahnen immer wieder Unfälle passieren und Menschen dabei ihr Leben lassen. Werden diese Opfer damit vorab mit einkalkuliert und der Ablass bereits eingeholt? Segen und Beichte ist doch eine tolle Sache.
    Am 14. August findet die Kräuterweihe statt. Diese „christliche Tradition“ wird auf einen heidnischen Brauch aus dem 9. Jahrhundert zurückgeführt. Wäre es nicht auch sinnvoll Bio-Lebensmittel zu segnen? Dann hätten auch die Christen ein entsprechendes Pendant zu „Koscher“ und „Halal“.
    Der Staat soll den Raum für die freie Religionsausübung schaffen. Er soll solche Regelungen schaffen, dass sowohl der Sonntagsgottesdienst der christlichen Kirchen möglich wird, wie auch die jüdischen Mitbürger ihren Sabbat nicht entweiht sehen, als auch unsere Muslimischen Mitbürger am Freitagabend sich in der Moschee zum Gebet treffen können. Auch gehören die rituellen Zeitabschnitte wie zum Beispiel der Ramadan im Gesetz berücksichtigt, da hierbei die Leistungsfähigkeit bei der Arbeit oder Führen einer Maschine oder des Fahrzeugs eingeschränkt sein kann.
    Der Staat soll aber auch eine für alle gleichwertige Basisausbildung im Bereich der Ethik und Moral anbieten und damit als Staat aller seiner Bürger fungieren. Ethik-Unterricht für alle!
    Aktuell wird den Kindern in B.-W. bis zur 6. Klasse kein Ethik-Unterricht angeboten, obwohl von unserem Landes-Ethik-Lehrer-Vater angekündigt. Damit wird bei einem viel zu großen Anteil unserer Jugend versäumt, im Sinne unseres Gemeinwohls zu erziehen und einer Einflussnahme durch orthodoxe Gruppierungen zu entziehen.
    Eine Trennung von Staat und Organisation Kirche ist längst überfällig, Glaube gewinnt damit an Glaubwürdigkeit und „Berufung“ wird eine wirkliche Gewissensfrage.
    Und die Kirche wird gestärkt daraus hervorgehen.
    Das Thema ist äußerst schwierig und erfordert zuerst vollkommene Transparenz. Daneben ist es ganz leicht möglich, einzelne in unangemessener Weise zu demütigen – davor bin auch ich nicht gefeit und bitte im Vorhinein um Abbitte, einen Ablass.
    Für Bayern ist mir gerade dieser Artikel auf den Bildschirm gekommen.
    http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-11/bayern-staatskirchenvertraege-konkordate/komplettansicht
    Erlauben Sie mir noch eine Ich-Aussage. Ich bin katholisch getauft und somit Katholik, glaube an den gütigen Gott und werde in meinen Kindern, meinen „Jewels“, weiterleben.
    Mit liberalen Grüßen
    Martin Leins

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